Was uns bewegt

„It is the customer who determines what a business is. It is the customer alone whose willingness to pay for a good or for a service converts economic ressources into welth, things into goods. What a customer buys and considers value is never just a product. It is always a utility, that is, what a product or service does for him.“ (Peter F. Drucker)

Was hat die Initiative mit Heidenheim an der Brenz (HDH) zu tun?

CS: HDH ist nicht Stuttgart, Berlin, New York oder Shanghai. Dennoch steht Heidenheim gerade wegen seines provinziellen schwäbischen Charakters für etwas Besonderes. Während OEMs und große Tier-Supplier global aufgestellt sind und dabei den Verlust von Know-How riskieren, konzentriert sich der in der Provinz ansässige Mittelstand auf Regionalität und die eigenen Stärken. In einem rohstoffarmen Land wie Deutschland sind Wissen und Innovation die wertvollsten Ressourcen. Die HDH Eng. knüpft an das international Maßstäbe setzende Konzept des „German Engineering“ an. Sie will einen Beitrag zur Stärkung der regionalen Wirtschaft und zur erfolgreichen Transformation des deutschen Engineering leisten.

Der Untertitel der HDH Eng. lautet: „Think Customer!“ Was ist damit gemeint?

CS: Der Untertitel drückt aus, dass die Initiative zwar ingenieurwissenschaftlich motiviert ist, sich aber nicht als Selbstzweck versteht. In einer Welt komplexer Verknüpfungen sind die Themen der HDH Eng. immer auf den übergeordneten Nutzen, den Beitrag zum Ganzen ausgerichtet. Der Ökonom Peter F. Drucker schrieb einst: „If a person wants to be an executive — that is, if he wants to be considered responsible for his contribution — he has to concern himself with the usability of his product — that is, his knowledge.“ In diesem Sinne sind die Beiträge der HDH Eng. zu verstehen. Der Ausdruck „Think Customer!“ ist einer Ansprache von Professor Günther Kappler, die er Mitte der 90er Jahre gehalten hat, entliehen. Professor Kappler war seinerzeit Mitglied der Geschäftsführung der BMW Rolls-Royce AeroEngines GmbH und verantwortete die Entwicklung der BR700-Triebwerksfamilie im brandenburgischen R&D-Zentrum in Dahlewitz. Zu der Zeit arbeitete ich als Werkstudent an den dortigen Triebwerksprüfständen „Adam and Eve“. Die Rede hat mir nachhaltig vermittelt, welchen Beitrag das in Studium und Wissenschaft Erlernte leisten sollte.

Die Zukunft des Maschinenbaus liegt in datenbasierten Geschäftsmodellen und digitalen Technologien. Warum sollte klassisches Engineering-Know-How gesichert und ausgebaut werden?

CS: Die Wertschöpfung mag zukünftig in gewandelten Geschäftsmodellen liegen, aber ohne ein wissensbasiertes Fundament in den traditionellen Ingenieurdisziplinen wird die Transformation nicht gelingen. Stand 2025 sind laut Statistischem Bundesamt in den letzten zehn Jahren die Maschinenbau-Studentenzahlen in Deutschland von etwa 200.000 auf 140.000 gesunken. Parallel dazu sind die Zahlen in der Informatik von 180.000 auf 260.000 gestiegen. Der Maschinenbau ist der Studienbereich mit den größten Verlusten in der vergangenen Dekade, und zwar sowohl in Bezug auf die Gesamtanzahl der Studenten als auch die Anzahl der Erstsemester. Eine Trendwende ist nicht in Sicht. Verschärfend auf die Situation wirkt sich aus, dass es aufgrund der kurz vor dem Renteneintritt stehenden geburtenstarken Jahrgänge zu einer weiteren Verknappung technischen Wissens kommt. Für die Schlüsselindustrien im Allgemeinen Maschinen- und Anlagenbau, dem Automobilsektor, der Luft- und Raumfahrttechnik und neuerdings der Rüstungstechnik sind diese Entwicklungen besorgniserregend. Um in den genannten Branchen auch zukünftig einen Geschäftserfolg zu erzielen, ist es notwendig, diesen Trends durch Sicherung von Know-How in den klassischen Ingenieurbereichen entgegenzuwirken.

Engineering ist eine Dienstleistung, die günstig auf einem globalen Markt eingekauft werden kann. Warum sollte es sinnvoll sein, in diesen Bereich lokal zu investieren?

CS: Dass Engineering billig global gesourct werden kann, ist teilweise richtig, aber zu kurz gedacht. Seit der Beschleunigung der Globalisierung ist Engineering heute ein typisches Feld für Offshoring und Outsourcing. Der Markt für Ingenieurdienstleistungen unterliegt einem massiven Wettbewerbsdruck. Er wird von internationalen Personaldienstleistern mit teils mehr als 10.000 Mitarbeitern dominiert. Ähnlich wie bei produktionsnahen Prozessen führt dies dazu, dass Ingenieurleistungen aus Deutschland verschwinden und ins Ausland verlagert werden. Kritisch ist dieser Trend zu sehen, wenn durch die Verlagerung die Qualität des Produkts leidet oder die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens durch die Abwanderung von IP gefährdet wird. Darüber hinaus können insbesondere in der Rüstungsindustrie strategische Abwägungen eine wichtige Rolle spielen, um die Unabhängigkeit nationaler und europäischer Technologien sicherzustellen. Die Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau enwickeln sich derzeit zu komplexen System- und Serviceanbietern, bei denen die Beherrschung der Fachdisziplinen für den Geschäftserfolg zwar weiterhin notwendig bleibt, deren Bedeutung für die Wertschöpfung jedoch sinkt. Die Konzentration auf das sich wandelnde Kerngeschäft bei gleichzeitig beschränkter Verfügbarkeit eigener F&E-Ressourcen lässt einen wachsenden Bedarf nach hochqualifizierten Dienstleistungen entstehen. Um Abhängigkeiten und die hiermit verbundenen Risiken unter Kontrolle zu halten, wird es zukünftig neben der fachlichen Qualifikation verstärkt auf die räumliche, kommunikative und kulturelle Nähe des Entwicklungspartners ankommen. Aus diesem Grund ist es wichtig, hochwertiges Ingenieurwissen vor Ort zu konservieren und lokal verfügbar zu halten.

Wer profitiert von der Initiative?

CS: HDH Eng. ist ein privates, nicht-kommerzielles Projekt. Es richtet sich zum Beispiel an Studenten in der Ausbildung, die fachlichen Austausch im Bereich der Technischen Mechanik zu erfahrenen Ingenieuren suchen.